Hier schreibt der Chef

Verehrte Leser,

Zwei Themen habe ich heute, zu denen ich Ihnen etwas mitteilen möchte.

Zum Einen ist es der über alle Maßen nasse Sommer, der mir mit seinen Begleiterscheinungen sehr viel Kummer bereitet. Besonders die Landwirte sind schon total verzweifelt, weil sie keine Kartoffeln ernten können, die Gerste noch nicht geerntet ist und der Roggen sowie der Weizen eigentlich Sonne brauchen, um ordentlich abzureifen. Vor allem letzteres macht auch mir Sorgen, weil ich für gutes Brot auch guten Roggen brauche. Und der Weizen bräuchte noch viel Sonne, damit er genügend Eiweiß bilden kann. Ansonsten bekommen wir nur sehr schwach gelockerte Brötchen mit zu vielen "Stippen" (Eiweißbläschen) auf der Oberfläche. Was bei der hohen Luftfeuchtigkeit außerdem noch so für Ärger sorgt, ist die Tatsache, dass die Brötchen schon sehr schnell weich werden, nachdem sie aus dem Ofen kommen. Wir lassen die Teiglinge schon nicht so groß werden und backen sie 2 – 3 Minuten länger, aber auch das hilft nur für wenige Minuten längere Rösche.

Mir geht es jetzt genau wie vielen meiner Bäckerkollegen. Wir bekommen Anrufe und Briefe mit folgendem Wortlaut von verärgerten Kunden: "Früher, bei deinem Vater, konnte man noch knusprige Brötchen kaufen. Der hat sie immer schön "kross" hinbekommen!" Liebe Leser, hier trügt die Erinnerung, denn die Natur lässt sich nicht überlisten und bei hoher Luftfeuchte werden Brötchen schnell weich – trotz aller Maßnahmen diesen Prozess hinauszuzögern. An mangelnder Sorgfalt beim Backen oder weniger Einsatz bei der Rezeptur liegt es auch nicht. Ganz im Gegenteil: Wie ich vor 45 Jahren Bäcker gelernt habe, gab es noch das "Nachbackverbot" Wir haben um 4 Uhr morgens den Brötchenteig geknetet, mit ganz viel Hefe und ordentlich Emulgatorbackmittel, damit es sehr schnell geht. Die Brötchen wurden dann bei 50g Teiggewicht schon um 6 Uhr riesengroß aus dem Ofen geholt.


Heute arbeiten wir mit Malzbackmittel und nur 1/3 der Hefemenge. Dazu belebtes Elisawasser und Meersalz, das Ganze mit Vorteigen und einer Teigführung von mindestens 20 Stunden, damit ganz viele Aromastoffe im Teigling gebildet werden. Alle diese Maßnahmen lassen das Brötchen aromatischer und saftiger werden, mit etwas kompakterer Krume, sowie guter Bräunung. Dafür wird das Brötchen auch kleiner, so dass wir heute 72g abwiegen, damit es ein ansprechendes Volumen hat. Das zum Thema weiche Brötchen.

 

Die Sprossenliebe

Als zweites möchte ich Ihnen unseren nächsten Brotklassiker – die Sprossenliebe – kurz vorstellen. Vor gut 20 Jahren von mir entwickelt und jetzt wieder neu entdeckt. Ein Weizenmischbrot mit gerösteten Sonnenblumen- und Kürbiskernen, das seinen besonderen Wert durch den Zusatz an gekeimten Roggenvollkornsprossen erhält. Ein tolles Aroma, ein hervorragender Geschmack, der mit gutem Käse am besten zur Geltung kommt. Beim Probieren ab der 33. KW wünsche ich Allen einen guten Appetit.

 

Mit herzlichen Grüßen
Ihr Bäckermeister und Brot-Sommelier